Physische Kontrolle des Verstandes – auf dem Weg zu einer psychozivilisierten Gesellschaft (Auszug)
von
Dr. med. Jose M. R. Delgado

(Original: "Physical Control of the Mind, Toward a Psychocivilized Society" ) 
erschienen bei Harper & Row, New York, 1969. S. 89-96.

[Der folgende Text wurde im englischen Original aus dem Internet übersandt. Für die Übersetzung verantwortlich zeichnet J. Lösow, M.A. Im Zusammenhang mit dem Text von Dr. Delgado lassen wir auch gerade die Anhörungen vor dem US-Kongreß übersetzen, die Senator Edward Kennedy zu diesem Thema geleitet hat. 

Legt man die technische Entwicklung zugrunde, die z.B. der Computerbereich in den vergangenen 30 Jahren erfahren hat, so sind angesichts der Möglichkeiten, die in diesem Text von 1969 angedeutet werden, einige der Berichte über Persönlichkeitsprogrammierungen vielleicht doch ernster zu nehmen, als angenommen.]
 
 

Es ist bereits möglich, Tiere oder Menschen mit Miniaturinstrumenten, genannt "stimoceiver" [Wortbildung aus "stimulation" und "receiver" (hier: elektrischer Empfänger) – d. Übersetzer], auszustatten, die die Fernübertragung und den Empfang von elektronischen Botschaften von und zum Hirn vollständig unverbundener Studienobjekte [d.h. das "Objekt" muß keinerlei phyischen Kontakt haben und sich auch nicht in einem Labor aufhalten – d. Übersetzer] gestatten. Die Minitiarisierung der elektronischen Komponenten erlaubt die Kontrolle aller Erregungsparameter zur Funkstimulation dreier verschiedener Punkte im Gehirn ebenso wie die telemetrische Aufzeichnung von drei Kanälen elektrischer Aktivität im intrazerebralen Bereich [=Aufzeichnung von Aktivität im Gehirn des "Subjektes" selbst – d. Übersetzer]. 

Es ist vernünftig zu spekulieren, daß in der nahen Zukunft der stimoceiver das grundlegende Verbindungsglied von Mensch zu Maschine zu Mensch darstellen wird, mit einer wechselseitigen Rückkopplung zwischen Neuronen [Nervenbahnen – d. Übersetzer] und Instrumenten, die eine Neuorientierung in der medizinischen Kontrolle neuro-physiologischer Funktionen darstellen wird. Zum Beispiel ist es vorstellbar, daß die lokal begrenzte, abnorme elektrische Aktivität, die das Bevorstehen eines epileptischen Anfalls darstellt, von implantierten Elektroden aufgefangen und zu einem entfernten Instrumentenraum übertragen wird, aufgezeichnet und von einem Computer analysiert wird, der in der Lage ist, abnorme elektrische Muster zu erkennen. Die Identifizierung dieser spezifischen elektrischen Unregelmäßigkeit [des bevorstehenden Anfalls – d. Übersetzer] könnte das Senden von Radiosignalen aktivieren, die den stimoceiver des Patienten aktivieren und eine elektrische Stimulation auf eine bestimmte hemmende Gehirnzone anwenden, um damit den Krampfanfall zu verhindern. 

Einer der begrenzenden Faktoren dieser Untersuchungen war die Existenz von Drähten, die aus dem Hirn zu dem außerhalb der Kopfhaut gelegenen stimoceiver führten. Diese Drähte stellten eine potentielle Infektionsquelle dar und konnten – trotz ihrer geringen Größe – ein Hindernis bei der Haarpflege darstellen. Es wäre offenkundig weitaus wünschenswerter, Miniaturinstrumente einzusetzen, die sich komplett unter die Haut verpflanzen lassen. Zu diesem Zwecke haben wir in unserem Labor einen kleinen 3-Kanal-Stimulator entwickelt, der subkutan implantiert wird [unter der Haut eingesetzt wird– d. Übersetzer] und dessen Drähte im Gehirn eingesetzt werden (Abb. 6).

Das Instrument ist solide, hat keine Batterien und kann unbegrenzt arbeiten. Die notwendige elektrische Energie, die Fernsteuerung der Stimulationsparameter und die Kanawahl werden über transdermale Kopplung erreicht, mit Hilfe einer kleinen Spirale die über UKW-Signale aktiviert wird.

Die Technologie für nichtsinnliche Kommunikation zwischen Gehirnen und Computern durch die intakte Haut hindurch ist bereits in Reichweite, und die möglichen Folgen sind schwer vorherzusagen. In der Vergangenheit hat das Voranschreiten der Zivilisation die Möglichkeiten unserer Sinne, Muskeln und Fähigkeiten gewaltig vergrößert. Nun fügen wir eine neue Dimension hinzu, die direkte Verbindung von Gehirn zu Maschine. Obwohl wahr, ist diese Aussage vielleicht zu spektakulär und benötigt vorsichtige Klarstellung. Unser gegenwärtiges über Informationsverschlüsselung, Wahrnehmungsmechanismen und die neuronalen Grundlagen des Verhaltens sind so elementar [im Sinne von begrenzt– d. Übersetzer], daß es höchst unwahrscheinlich ist, daß das elektronische Muster eines Gedankens oder einer Emotion aufgefangen, dann übertragen und elektronisch auf die passende Struktur eines anderes Subjektes angewendet werden könnte, um dort erkannt und in entsprechende Gedanken oder Emotionen umgesetzt zu werden. Es ist allerdings bereits möglich, durch direkte elektronische Stimulation des Gehirnes eine große Bandbreite an Reaktionen gezielt hervorzurufen, die von motorischen Auswirkungen [=Bewegungen] über emotionale Reaktionen bis hin zu intellektuellen Manifestationen reichen. Auch ist es mehreren Forschern gelungen, Muster elektronischer Aktivität zu identifizieren (die ein Computer auch erkennen könnte), die in spezifischen Hirnbereichen lokalisiert sind und in Verbindung mit bestimmten Phänomen wie der Wahrnehmung von Gerüchen oder der visuellen Wahrnehmung von Bewegungen stehen. We schreiten rasch voran bei der Mustererkennung elektrischer Korrelationen des Verhaltens und in der Technik der Funkverbindung zwischen Gehirn und Computer.

Ängste wurden ausgedrückt, diese neue Technologie brächte die mögliche Bedrohung durch unerwünschte und unethische Fernsteuerung der Hirnaktivitäten mit sich, aber wie später noch erläutert wird, ist diese Gefahr recht unwahrscheinlich und wird durch die erwarteten medizinischen und wissenschaftlichen Vorteile aufgewogen. Elektronisches Wissen und die Miniaturisierung der Technik sind soweit fortgeschritten, daß die die Begrenzungen eher biologischer als technischer Natur erscheinen. Unser größtes Bedrüfnis besteht nach weiterer experimenteller Erkenntnis über die neuronalen Mechanismen hinter den geistigen Prozessen. Die Forschung an ungehinderten [i.e. normalen– d. Übersetzer] Subjekten verspricht neue Erkenntnisse des normalen Verstandes und effizientere Behandlung geschädigter Gehirne.