Flugscheiben deutscher Nation - die Haunebu-Legende (Teil IV)

 
 

Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von Thomas Bayer zur Verfügung gestellt. (c) 2000 by author. Alle Rechte vorbehalten.







Die Fliegende Untertasse deutscher Nation

Jeder, der einmal einen Frisbee oder auch nur einen Bierdeckel hat fliegen sehen, wird einsehen, daß das Konzept einer "Flugscheibe" durchaus logisch wirken kann. Viele haben sich bereits daran versucht, nicht zuletzt die Amerikaner, die ihre 1942 begonnenen Versuche erst in den 60er Jahren eingestellt haben. Die Tücke des Objektes, so hat man mich belehrt, liege in der Stabilitätsproblematik und anderen Detailfragen, die eine praktische Umsetzung des Prinzips erschwerten, bzw. unmöglich machten. Gute aerodynamische Leistungen scheinen nur gewährleistet zu sein, wenn das ganze Dinge sehr schnell um die eigene Achse rotiert - was das für den Piloten bedeutet, ist klar (vielleicht daher die Legende der kleinen grünen Männchen).

Wir hatten bereits eine gewisse Überlegenheit der Luftfahrttechnologie des 3. Reiches festgestellt, was vielleicht erklärt, warum hierzulande im Jahre 1942 an Raketen geforscht wurde, während man in den USA versuchte herauszufinden, warum fliegende Kreisel sich in der Luft benehmen wie betrunkene Tanzbären. Und das erklärt wohl auch, das man den Mond mit Rakten erreicht hat und nicht auf einer Frisbee.

Auf ambitionierte Amateure jedoch hat diese Form immer schon Faszination ausgeübt (man denke an DaVincis Flugmodell aus dem 15. Jahrhundert), so auch auf Arthur Sack, der einen flugunfähigen Prototypen im Jahre 1938 baute. Wir wollen ohne Häme anmerken, daß alle seine Prototypen weitgehend flugunfähig blieben.

Ernst Udet, Generalluftzeugmeister der deutschen Luftwaffe und eher Praktiker als Theoretiker, war damals auf der Suche nach einem Konzept für Miniaufklärer, und irgendwie erschien auch ihm das Konzept von Sack einsichtig. Auch wenn das Projekt nie offiziellen Status erlangte, können wir doch davon ausgehen, daß Udets Wohlwollen im Hintergrund dem Bastler Sack manches Hindernis ebnete.

Auf dem "ersten Reichswettbewerb für Flugmodelle und Verbrennungsmotoren", der in aller Stille und (vorerst) unter Ausschluß der Öffentlichkeit im Juli 1939 veranstaltet wurde, konnte Sack dann sein fünftes AS-Modell vorstellen. Diese Veranstaltung brachte jedoch nicht den von den Veranstaltern erhofften Impuls für den Bau von Aufklärungsflugzeugen. Wie im "Flieger 11-12/1940" nachzulesen ist, scheiterten im Grunde genommen alle am Wettbewerb teilnehmenden Modelle kläglich.

Auch Sacks Flugscheibe bestand nicht mit Bravour. Zuerst bracht der schwache Wankelmotor die Scheibe nicht vom Boden hoch, so daß der Tüftler sein Modell in die Luft werfen mußte. Nach einem vielversprechenden Aufstieg auf über hundert Meter, der sich diesem "Katapultstart" anschloß, sollte das Modell in die Gleitphase gehen. Hier, so ein zeitgenössischer Beobachter, verhielt sich dann Sacks AS5 wie "ein Klavier bei schwacher Thermik".

Trotz dieses Fehlschlags in Leipzig-Mockau, arbeitete Sack weiter an seinem AS-Modell. Am Ende schließlich sollte eine ausgewachsene Flugscheibe von 6m Durchmessern stehen. Es ist das Gerät, das wir auf dem obigen Photo sehen konnten. Dieses Photo wurde zum ersten Mal in den 50er Jahren veröffentlicht und war seitdem Anlaß zu vielerlei Spekulationen. Es ist das Verdienst mehrerer Autoren, in detektivischer Puzzlearbeit das Rätsel um diese "Flugscheibe" gelöst zu haben. Im folgenden kommt ein ein Nachdruck eines Artikels aus dem Magazin Aviatik, erschienen im Februar oder März 1991. Der Verfasser ist Uwe W. Jack.

Die immer wiederkehrenden Veroeffentlichtungen ueber "Fliegende Untertassen" und ein besonders in den fuenfziger Jahren weit verbreitetes Interesse an den sogenannten UFOs (unidentified flying objects) brachte es mit sich, dass ueber deren Existenz und eventuelle Herkunft vielfach spekuliert wurde. Ein in den fuenfziger Jahren erstmals veroeffentlichtes Foto eines Kreisflueglers mit Tarnbemalung und Balkenkreuzen gab damals erneut Spekulationen Auftrieb, die auch die "Fliegende Untertasse" in die Arsenale der "Geheimwaffen" des Hitlerstaates einreihten. Erst eine Veroeffentlichung der beiden bekannten Luftfahrt-Historiker H.J.Ebert und H.J.Meier im April-Heft 1979 der Zeitschrift Luftfahrt International konnte erstmals einige belegbare Angaben zu diesem unbekannten Flugzeug machen und nannte auch den Konstrukteur und die Typenbezeichnung des Musters AS 6/V1. Schaetzungen blieben die Daten der Maschine und die Angaben zur Entwicklung.

Durch Hinweise des einen Verfassers dieser Arbeit (HJM) gelang es mir, den Sohn des Erbauers Arthur Sack, Herr Juergen Sack, ausfindig zu machen und von diesem wurden mir freundlicherweise die erhalten gebliebenen Fotos, eine Zeichnung und die Baubeschreibung zur Verfuegung gestellt.

Auf dieser Grundlage ist es moeglich, hier erstmals authentische Angaben zu diesem interessanten Muster vorzustellen. Da nicht alle Leser den o.g. Artikel kennen werden, sollen hier die darin enthaltenen wichtigsten Angaben zur versuchten Flugerprobung der AS 6/V1 erneut aufgefuehrt werden, wobei die neuen Erkenntnisse aber einfliessen:

Ueberzeugt von den Faehigkeiten seiner Kreisfluegelidee ging Sack nun zur Verwirklichung eines manntragenden Flugzeuges dieser Bauart ueber. Der Bau erfolgte mitten im Krieg auf rein privater Basis. Die statischen Berechnungen und die Konstruktion erforderten allerdings die Hilfe eines Ingenieurs der Mitteldeutschen Motorenwerke in Leipzig, bevor Sack auf dem eigenen Bauernhof mit dem Bau der Maschine begann. Dieser erfolgte in Ganzholzbauweise und so konnte die Grundstruktur der Flaeche und des darin eingebundenen Rumpfes in der Scheune ab 1940 entstehen. Die Baubeschreibung des Musters, die sicher zusammen mit der am 2.Februar 1944 datierten Zeichnung entstand und wohl dem Erreichen der provisorischen Zulassung der Bauaufsichtsleitung des RLM [Reichs-Luftfahrt-Ministerium] diente, beschreibt die Maschine wie folgt:

"Rumpfloses Flugzeug von kreisrunder Form, das die bisherigen Bauformen fuer Flugzeuge vollstaendig verlaesst. Es besteht aus nur einem Fluegel, der nach NACA vollkommen durchprofiliert ist und auch nach beiden Seiten, also auch rechts und links zur Flugrichtung als Profil verlaeuft, so dass das Flugzeug ausserordentlich stabil in allen Fluglagen ist." Endmontage und Einfliegen erfolgten dann mit Hilfe der Flugplatzwerkstatt auf dem nahe gelegenen Luftwaffenflugplatz Brandis.

Weitere, der Baubeschreibung entnehmbare Daten, sind die Spannweite von 5000 mm, die damit das Vierfache des Wertes des letzten Modells mit 1250 mm Spannweite betrug. Bei einer Gesamtlaenge von 6400 mm hatte die Maschine eine Flugmasse von 900 kg. Daraus ergeben sich bei 19,62 qm Fluegelflaeche eine Flaechenbelastung von 45,9 kg/qm und 3,75 kg/PS als Leistungsbelastungs.

Anfang Februar 1944 bat Arthur Sack den Chefpiloten der ATG Leipzig Baltabol um seine Hilfe beim Einfliegen der fertiggestellten Maschine. Dieser begann Anfang April 1944 mit Zustimmung seines Betriebes die Rollerprobung. Dabei bemaengelte er die Anordnung und Einstellung der Pedale und eine fehlende Bremswirkung bei voll ausgetretenem Seitenruder. Mit gebrochenem Sporn endeten die Versuche, die mit verstaerktem Sporn und neu eingestellten Ruderpedalen einige Tage spaeter wieder aufgenommen werden konnten.

Nach fuenf erfolglosen Startversuchen brach das rechte Fahrwerksbein. Die AS 6 reagierte auf Seitenruderausschlaege zu stark und brach mehrfach aus. Bei der anschliessenden Reperatur wurde das Fahrwerk um 40 cm nach hinten versetzt, was Aenderungen an der Brems- und Steueranlage noetig machte. Zwei danach folgende Startversuche blieben wieder erfolglos, da der Motor zu geringe Startleistung abgab und die Maschine nicht abhob. Nach erneuten Versuchen, die Maengel zu beheben, versuchte Baltabol am 16.April 1944 einen Start. Es gelang ihm aber nur nach etwa 500 m Rollstrecke einen kleinen Hopser zu vollenden.

Beim naechsten Versuch mit etwas hoeherem Anstellwinkel gelang ein etwas laengerer Sprung, aber Baltabol konnte keine Hoehe gewinnen und beschaedigte beim Ausrollen die Luftschraube der Maschine. Da eine Klaerung der Ursache der bisherigen missglueckten Startversuche Windkanaluntersuchungen erforderlich machte, die Arthur Sack ohne Unterstuetzung von offizieller Seite nicht moeglich waren, blieb ihm nur, erneut nach einem Piloten zu suchen, der auf praktischem Wege die Loesung finden sollte. Diesen fand er in Olt. Franz Roesle von der I./JG 400, das im Sommer 1944 mit seinen Raketenjaegern Me 263 nach Brandis verlegt worden war. Doch auch dieser Rollversuch endete mit einem Fahrwerksbruch. Durch Zeugenaussagen ist bekannt, dass die AS6/V1 noch im April 1944 in einer Halle des Fliegerhorstes Brandis stand, wo sie eventuell vor der Ankunft der Amerikaner zerstoert worden ist.
 

Zusammenfassung

Wir haben gesehen, wie sich in UFO-Kreisen Theorien entwickelt haben, in denen Fakten und Fiktion gemischt und für weltanschauliche Verdrehungen instrumentalisiert wurden. Wie bei so vielen dieser Modelle haben wir auch hier einen, wenn auch nicht alltäglichen, so doch verständlichen Kern gefunden, bestehend aus den mysteriösen Foo-Fightern und ganz und gar nicht mystisch-mysteriösen Anstrengungen eines begabten, aber letztlich erfolglosen Bastlers.

Irgendwann mischten sich dann Verwechslungen mit den echten Geheimwaffen der Nazis in diese Volksmythologie, und auch die ungeklärten Ereignisse der Jahre 1946/47, die zum Teil auch auf "Geheimwaffen" zurückgeführt wurden reicherten diesen Brei an. Geschäftssinn war die nächste Zugabe, die reißerischen Behauptungen eines Major Lusar oder eines Roberto Vesco. Schließlich kam noch die allgegenwärtige Mystifizierung, die "dunkle esoterisch-romantische Verklärung" des 3. Reiches hinzu, und alles endet mit einem geschäftstüchtigen Rechtspublizisten unter dem hanebüchenen Pseudonym "Jan van Helsing", und schon haben wir Nazis, Superwaffen und Weltverschwörung in unterirdischen Basen am Südpol.

Letzerer Aspekt der ganzen Geschichte entstand aus der Verknüpfung des "Haunebu-Mythos" mit einigen seltsamen Vorgängen in der Antarktis, die zu erörtern aber über diesen Beitrag hinausgeht.