Epp, Schriever und Vesco Konsequenterweise werden wir sehen, daß die ganze Haunebu-Geschichte weniger mit Realität als vielmehr mit zeitgeistigen Verirrungen zu tun hat und im Kern ebenso modern wie universell ist. Doch greifen wir nicht vor und nehmen eine chronologische Entwicklung des Phänomens der Nazi-Ufos vor. Ganz am Anfang steht Joseph Andreas Epp, der bei Kriegsende Soldat der Deutschen Luftwaffe gewesen ist. 1945, so behauptete er, habe er nahe Prag einen kreisrunden Flugapparat gesehen und fotografiert. Die Bilder sind wenig aussagekräftig, aber trotzdem scheint Epp seither besessen von seiner Idee. In Rosenheim lebt(e) er unter ärmlichen Verhältnissen und bastelt eine "Flugscheibe" nach der anderen. Das letzte mir bekannte Lebenszeichen ist eine von ihm 1994 publizierte Broschüre mit dem Titel "Die Realität der Flugscheiben – ein Leben für eine Idee". Auch wenn die Inhalte des Pamphlets historisch recht angreifbar sind und viel von den noch zu erörternden Halbwahrheiten und Fälschungen als Fakten zu verkaufen sucht, so ist doch der weitgehende Verzicht auf völkische Ideologie angenehm anzumerken. Bei aller Skepsis wollen wir jedoch nicht vergessen, das Epp vielleicht nicht unbedingt Grund hat, seinen Augen zu mißtrauen... Schriever fand das erste Mal (international) Erwähnung in einem kurzen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Er bezeichnete sich selbst als Erfinder und behauptete, er habe mit anderen Kollegen in einer streng geheimen Basis an der Entwicklung von Flugscheiben maßgeblich mitgewirkt. Allerdings, so Schriever, sei dieses Projekt niemals über das Stadium fortgeschrittener Studien hinausgekommen. Mitte der 50er spätestens waren die fliegenden Untertassen dann zum populär-mythologischen Allgemeinplatz geworden, der sie heute sind. Das rätselhafte Auftauchen von "Geisterraketen" in Skandinavien 1946, das nie zufriedenstellend geklärt werden konnte, und der Roswell-Zwischenfall hatten dafür gesorgt. Gerade das Verhalten der US-Army im Falle Roswell sollte für viel Wirbel sorgen. Das Originalstatement des Luftwaffensprechers in NewMexico ist heute noch in den Archiven von ABC abzufragen (und in den Nachrichten nachzulesen); darin wird zugegeben, daß die US-Army eine "Fliegende Untertasse" einkassiert hat. Das spätere Dementi gibt übrigens an, Freud’sche Fehlleistung?, der Sprecher habe "voreilig" gehandelt. Auch heute noch, mit einem offiziellen Untersuchungsbericht des US-Senats, ist der Komplex nicht überzeugend geklärt, was aber nicht unbedingt heißen muß, Aliens seien abgestürzt. Die US-Behörden haben einfach eine kindische Tendenz zu Geheimniskrämerei, wie wir noch sehen werden. |
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Doch zurück nach Deutschland, wo ebenfalls heiß über Roswell
diskutiert wurde. 1956 schließlich warf ein Autor namens Rudolf Lusar sein
Buch "Die deutschen Waffen und Geheimwaffen des Zweiten Weltkriegs" auf
den Markt, den Trend ausnutzend. Auch er bezog sich in der Hauptsache
wieder auf die bereits bekannten Schriever, Schauberger und Epp und
versucht, in einem kleinen Absatz, auch die Existenz deutscher Untertassen
zu beweisen. Hierzu nimmt er den Ansatz von Schriever – der laut diesem
nie über die blueprint-Phase hinausgekommen ist – und schreibt, das Ding
sei genauso gebaut worden. Als Beweis liefert er dann eine einzige, eher
vage "Konstruktionszeichnung".
Trotzdem scheint er irgendwie den richtigen Ton der Zeit getroffen zu haben, denn obschon er häufig und vehement von wissenschaftlicher Seite attackiert wurde (wenn man ihn denn überhaupt zur Kenntnis nahm), konnte sich Major Lusar gleichzeitig als "ernstzunehmend" etablieren und wurde auch von mainstream-Wissenschaftlern bis in die 70er Jahre hinein, wenn auch kritisch, zitiert. |
Roberto Vesco faßte dann im Jahre 1969 schließlich die gesamten
Strömungen in seinem Buch "Intercept – but don’t shoot" (Abfangen, aber
nicht schießen) zusammen. Er war der erste, der "Foo Fighter",
Christbaumkugeln, Schriever, Epp und Lusar in ein einziges, großes Gemenge
zusammenfaßte und wilde Spekulationen über die unheimlich fortgeschrittene
Waffentechnologie des Dritten Reiches aufstellte. UFOlogen wie Pinto
beschreiben Vesco wie folgt:
Mystizismus, Verklärung und Okkultismus waren Grundbestandteile des Dritten Reiches, und sind nicht verwunderlich, auch zu Bestandteilen der retrospektiven Betrachtung geworden. Hier ist natürlich v.a. Himmler mit seinem mystischen "Ritterorden" der SS zu erwähnen, aber auch die Nazi-Bewegung selbst fußte tief in den damals populären esoterisch-völkischen Vorstellungen, hier personifiziert durch die Figur des "baltischen Wirrkopfes" (Speer) Alfred Rosenberg. Es ist leider im einzelnen nicht nachvollziehbar, wie das Thema "Geheimwaffen" nach und nach von rechter Seite vereinnahmt und instrumentalisiert wurde. Der profilierteste und zugleich phantasievollste Vertreter ist Jan vanHelsing, dessen Bücher im deutschsprachigen Raum wegen Verherrlichung des NS-Regimes nicht erhältlich sind. Thule-Gesellschaft, Haunebu, die Orgon-Theorien des Jens Reich, Nazi-Ufos, Außeridische von Aldebaraan und das Antike Sumer – all diese Fakten, Halbwahrheiten und Legenden werden verquirlt zur Behauptung, die "wahren" Nazis würden noch heute geheime Basen am Südpol unterhalten. Der Golfkrieg habe stattgefunden, um die "reichsdeutschen" Basen im Irak zu zerstören. Von diesem "Modell" gibt es mehrere Variationen; vom Endzeit-Mystiker, der das "Alte Wissen" dort vermutet und auf die Wiederkehr einer freidlichen Zeit wartet, über den "neutralen" Ufologen bis hin zum Revanchisten – alle haben sie ihr eigene kleine Theorie der Südpol-Basen (die weiter unten besprochen werden). Zentral ist jedoch die geniale Vril- und Haunebu-Flugscheiben-Technologie der Arier. |